Landwirtschaft, Gmüeser und ich

Was fliesst da alles in unser Wasser? Wieso werden Tiere in solchen Ställen gehalten? Was geschieht mit unseren Böden? Wer schreddert all diese armen Küken? Weshalb gibt es immer weniger Bienen? Immer trockenere und wärmere Sommer, woher kommt das? Bauern bekommen Geld von uns, für was denn eigentlich genau? Ich möchte wissen, woher mein Essen kommt! Ich will nicht, dass Tiere schlecht behandelt werden! Weshalb ist Bio so teuer?

Ihr alle kennt diese Fragen und Forderungen. Die Landwirtschaft steht dabei zentral in der Verantwortung. Unsere Umwelt (Wasser, Boden, Luft), unsere Nahrung (Pflanzen, Gestreide, Milch, Fleisch, Eier etc.) und unsere Landschaft werden von ihr beeinflusst. Diese Erkenntnis hat mich dazu gebracht zusammen mit Dominik und Martina das Projekt Gmüeser zu starten. Es ist meine Motivation! In der Tätigkeit mit Tier und Boden lässt sich einiges bewirken.

Die Menschen haben sich in den letzten Jahrzenten immer mehr von der Landwirtschaft entfernt, auch mir ging das so. Die technologische, kapitalistische Entwicklung hat interessantere Dinge hervorgebracht als die Herstellung von Nahrung. Diese ist einfach da. Im Regal des Supermarktes, beim Take-Away, im Restaurant um die Ecke, am Markt etc.

Ansprüche steigen. Wir möchten ‚gesund‘ essen. Unsere Umwelt soll nicht zerstört werden. Dank direkter Demokratie dürfen wir Schweizer Bürger entscheiden, wie die Landwirtschaft der Schweiz sein soll: produzierend, ernährungssichernd, von Familien geführt, dezentrale Besiedlung (Dörfer, Weiler, Alpen…), Ökologie, Tierschutz usw. Doch wisssen wir eigentlich was in der Realität genau passiert?

Die Landwirtschaftspolitik des Bundes hat in den letzten Jahren zu einer Art Scheinökologisierung der Subventionen geführt.  Für die Umwelt gab es kaum Verbesserung, dafür vor allem neue Regelungen für die Bauern, was zu hoher Frustration führt. Zum Beispiel gibt es Beiträge für die sogenannte ‚Bodenschonende Bewirtschaftung‘. Darunter fällt die Behandlung des Bodens mit dem bekannten Herbizid Glyphosat, wenn dafür auf den Pflug verzichtet wird (nur der Biobetrieb verzichtet übrigens auf Glyphosat, nicht die IP-Bauern). Die Politik zeigt keine langfristige Strategie, vielmehr kommt es einem  ‚Herumgeeiere‘ gleich. Verbände, Interessengruppen und Politiker kämpfen letzendlich um die Verteilung des Geldes. Denn ohne steuerndes Geld für die Landwirtschaft, nur mit Gesetzen und Vorschriften, wird die Produktion von Nahrungsmitteln letztendlich ins Ausland verlagert. Wo bleibt dann noch der Einfluss auf die Qualität unseres Essens?

Durch Schutz unserer Umwelt (Boden, Wasser, Luft, Landschaft) und der Tiere stiften wir Landwirte ‚öffentliche Güter‘, die wir nicht über den Markt entlohnt bekommen. Der Weizen für unser Brot, das Poulet im Coop kann auch aus dem Ausland importiert werden. Dafür braucht es andere Einnahmequellen. Statt Direktzahlungen für Flächen die ‚landwirtschaftlich genutzt‘ werden (grasen, weiden, ackern etc.) plädiere ich für ein Prämiensystem, welches gesellschaftlich gewünchte Leistungen  honoriert. Hier kommen die Konsumentinnen und Konsumenten zum Zuge. Was wären denn gesellschaftlich gewünschte Leistungen? Schöne Landschaften? Sauberes Wasser? Tier-, Umweltschutz? Die Gesellschaft muss formulieren, was sie von den Landwirten will! Doch ist sie dazu in der Lage? Ich bin da skeptisch. Zu romantisch sind leider die Vorstellungen. Die Landwirtschaft wie sie in Kinderbüchern, Filmen, Postkarten etc. gezeigt wird hat überhaupt nichts mehr mit der heutigen Zeit zu tun. Die Preise für Lebensmittel sind stark gesunken. Immer grössere Betriebe entstehen. Höfe verschwinden. Immer neue chemische Hilfsmittel werden eingesetzt. Die Mechanisierung schreitet voran. Nahrung kann aus der ganzen Welt zu günstigen Preisen importiert werden.

Die Landwirtschaft und ihre KonsumentInnen müssen dringend in einen Dialog treten. Interesse zeigen für das, was da auf unseren Feldern, mit unserem Essen passiert. Ich bin bereit mich euren Fragen zu stellen. Kommt vorbei in Hallwil und schaut euch an, wie so eine Nutztierhaltung aussieht. Wo die Schwierigkeiten liegen (siehe Text). Betrachtet unsere Gemüsefelder, seht selbst wie aufwendig Handarbeit ist. Wenn das Unkraut im Dinkel spriesst und die Nachbarbauern danke Glyphosat einen ’sauberen‘ Acker vorweisen können. Wir stehen alle in der Verantwortung. Wir entscheiden, wie es mit unserem Planeten weitergehen wird. Die Landwirtschaft ist Teil des Problems, kann aber auch ein wichtiger Teil der Lösung sein. Doch nur wenn die KonsumentInnen verstehen, wo die Herausforderungen liegen, und die Bürger als politische Personen dies auch einfordern.

Kleine Initiativen sind wichtig. Vertragslandwirtschaftsprojekte. Genossenschaften usw. Doch lassen wir uns auch nicht täuschen von diesen Erfolgen. Die globalen Agrarkonzerne machen weiter. Es braucht dringend auch PolitikerInnen, welche die skizzierten Themen glaubhaft vertreten!

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Thomas

 

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